Der Speed-Auftakt verläuft aus Schweizer Sicht durchzogen
Ein 6. Platz als einsamer Höhepunkt in St. Moritz: Der Auftakt in die Speed-Saison der Frauen fällt aus Schweizer Sicht durchzogen aus. Cheftrainer Beat Tschuor ordnet ein.
Malorie Blanc sorgte am Sonntag dafür, dass es doch noch einen Top-10-Rang zu bejubeln gab. Mit ihrem 6. Platz im Super-G wertete die Walliserin die Bilanz etwas auf. Insgesamt hatten die Schweizerinnen im Engadin jedoch kaum etwas mit den vorderen Plätzen zu tun.
Dass keine Schweizerin unter den Top 5 zu finden war, kam in der letzten Saison in 15 Speed-Rennen nur zweimal vor. Klar ist aber auch, wem man die Erfolge hauptsächlich zu verdanken hatte: Lara Gut-Behrami und Corinne Suter. Nach ihren Ausfällen sollte Michelle Gisin die Rolle der Teamleaderin übernehmen. Im ersten Training war sie die schnellste Schweizerin, im zweiten folgte der verheerende Sturz. Nach Operationen an der Halswirbelsäule und am Handgelenk wurde zudem ein Kreuz- und Innenbandriss im Knie festgestellt.
In den letzten Wochen sei sehr viel Negatives zusammengekommen, sagt Beat Tschuor, Cheftrainer der Frauen. Zwar hofft er, dass es der einen oder anderen Athletin gelingt, in Abwesenheit der Leaderinnen im Speed-Team aus dem Schatten herauszutreten. Er weiss aber auch, dass dies Zeit braucht. Für ihn ist deshalb klar: «Im Speed-Bereich müssen wir längerfristig Geduld haben.»
Ungewollter Fokus auf Blanc
Der grosse Lichtblick ist Malorie Blanc. Die 21-Jährige war in der Abfahrt vom Freitag (13.) die beste Schweizerin und erreichte am Sonntag im Super-G ihr bisher bestes Weltcup-Resultat in dieser Disziplin. «Sie ist ein aussergewöhnliches Beispiel», sagt Tschuor über die junge Athletin, die erst ihre zweite Weltcup-Saison bestreitet. Dass sich das mediale Interesse nun auf sie fokussiert, sieht der Trainer daher kritisch. «Es wäre falsch, ihr jetzt schon die ganze Verantwortung zu übertragen.» Die Devise lautet: abwarten und entwickeln lassen.
Auch Jasmine Flury hat bei ihrem Comeback «wieder in den Rennmodus» gefunden, wie die 32-jährige Bündnerin sagt. Mit Platz 11 in der Abfahrt vom Samstag setzte sie ein starkes Zeichen. Ihr wird denn auch zugetraut, die Rolle der Teamleaderin zu übernehmen. Allerdings betonen sowohl die Abfahrtsweltmeisterin von 2023 als auch ihre Trainer, dass sich Flury nach fast zwei Jahren Rennpause die nötige Zeit nehmen will, um sich ihrer früheren Form behutsam anzunähern.
Krisenbewältigung ist angesagt
Angesichts des grossen Verletzungspechs im Schweizer Team hätten Top-Resultate in St. Moritz überrascht. Das weiss auch Tschuor, der sich mehrheitlich schützend vor seine Athletinnen stellt. Etwas Kritik äussert er dennoch: «Beim ersten Abfahrtstraining vom Mittwoch hat mir die Spannung, der Spirit gefehlt. Gerade bei einem Heimrennen muss man jeden Schwung nutzen, um sich auf den Renntag einzustellen. Das habe ich nicht bei allen gesehen.»
Die nächsten Tage stünden im Zeichen der «Krisenbewältigung», so Tschuor. Gemeint sei der Umgang mit der Häufung schlechter Nachrichten in jüngster Zeit. Für alle gehe es darum, den richtigen Weg damit zu finden. «Wir müssen trotz allem nach vorne blicken. Wenn wir Trainer eine negative Ausstrahlung haben oder geknickt sind, wirkt sich das auch auf die Athletinnen aus.»
Während Gut-Behrami und wohl auch Gisin die Saison komplett verpassen werden, dürfte Suter im Januar wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Am kommenden Wochenende in Val d’Isère müssen die Schweizerinnen jedoch erneut ohne die bisherigen Teamleaderinnen auskommen.
