Jan Scherrer kehrt zurück in die Halfpipe
Mehr als ein Jahr nachdem er sich im Training verletzte, gibt Jan Scherrer das Comeback im Weltcup. Was er sich vornimmt und wie es ihm geht.
Etwas mehr als 400 Tage ist es her, seit sich Jan Scherrer im Training einen Bruch des Rippenknorpels zugezogen hat. Erst seit gut 30 Tagen ist der Halfpipe-Profi schmerzfrei. Mehr als ein Jahr geprägt von Schmerzen und Ungewissheit liegt hinter dem Toggenburger Snowboarder, der mit 18 Schrauben und zwei Metallplatten wieder zusammengeflickt werden musste. Nun steht Scherrer endlich vor dem langersehnten Comeback. Eines, das der 31-Jährige eigentlich schon viel früher geplant hatte.
«Kenne niemanden mit dieser Verletzung»
«Bis im Januar möchte Jan Scherrer wieder trainieren» hiess es in der ursprünglichen Medienmitteilung von Ende Oktober 2024. An der Heim-WM im Engadin zu starten war sein grosses Ziel. Doch so weit kam es nie. Die Regeneration dauerte länger als von den Ärzten ursprünglich angenommen. «Das schlimmste war, nie zu wissen, wie lange es noch geht», sagt Scherrer, «ich dachte ein ganzes Jahr lang, dass es in zwei Monaten wieder geht.»
Zwischenzeitlich, als Scherrer im Frühling 2025 noch nicht die gewünschten Fortschritte gemacht hatte, stand sogar ein Rücktritt im Raum. «Nicht, weil ich wollte. Aber ich kenne keinen Menschen, der diese Verletzung schon hatte.» Entsprechend wusste Scherrer nicht, ob eine Rückkehr in den Spitzensport überhaupt möglich ist.
Doch es gibt gute Neuigkeiten. Der 31-Jährige hat in den vergangenen Monaten grosse Fortschritte gemacht. Sein Training läuft sehr gut, wie er selbst sagt. «Aber sobald man weiterkommt, will man sofort immer mehr. Man fängt an, nicht mehr dankbar zu sein», sagt Scherrer und fügt lachend an: «Das ist wohl eine Sportler-Krankheit.»
Genau dort, wo er sein wollte
Im August trainierte er erstmals wieder mit dem Team auf einem Airbag in Österreich. «Das hat unglaublich viel Spass gemacht.» Doch weil Scherrer so lange nicht trainiert hatte, habe er jede Woche ein neues körperliches Problem gehabt. «Am ersten Tag habe ich mich gefreut, dass ich die Rippe nicht zu stark spüre. Am zweiten habe ich mir den Nacken dann so stark blockiert, dass ich einige Tage pausieren musste.»
Als wäre das nicht genug, hat ihn auch der Kopf zu Beginn noch gebremst. Weil Scherrer seine Rippe noch lange «gespürt» hat, sei die Angst zu stürzen gross gewesen. Mit Zeit, seinem Support-System bestehend aus Familie, Freunden und Sportpsychologen, und guten Trainings überwand er die Blockade aber Stück für Stück. Mittlerweile kann er sich, wenn er auf dem Schnee ist, voll und ganz auf das Snowboarden konzentrieren. «Das ist das Wichtigste, wenn man Wettkämpfe fahren will. Ich bin genau an dem Punkt, an dem ich im Frühling sein wollte», sagt Scherrer. Eine echte Punktlandung also.
Was sich Scherrer, der bereits 2009 im Weltcup debütierte, für den Winter vornimmt, weiss er aber nicht genau. «Es ist schwierig einzuschätzen, wo ich stehe», sagt er. Denn fast alle Halfpipe-Spezialisten im Schweizer Team kommen von einer Verletzung zurück.
Erst im Final beginnt der Wettkampf so richtig
Scherrers Ziel ist es, sich so schnell wie möglich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. «Weil wir fünf Weltcups haben, ehe die Spiele beginnen, sollte das möglich sein.» Zudem will er sich so schnell wie möglich für die Finals an Wettkämpfen qualifizieren. «Ich war immer der Meinung, dass ein Wettkampf erst im Final richtig anfängt. Wenn man bereits in der Qualifikation ausscheidet, fühlt es sich an, als hätte man gar nicht teilgenommen und dann macht es auch keinen Spass.»
Seine Ziele für die Olympischen Spiele sehen ähnlich aus. Die Finals will Scherrer erreichen. Als Olympia-Bronzegewinner von 2022 weiss er aber auch, dass mehr möglich ist. «Besonders, wenn man es wirklich will, und dran glaubt.»
Er denke sehr gerne an Peking zurück. «Das war der wichtigste Tag meiner Karriere, denn es hat sie definiert und ausgezeichnet.» Seine Chancen auf eine Medaille seien sicher kleiner als 2022, gerade weil er lange weg gewesen sei und die Konkurrenz nicht geschlafen habe. Eine genauere Aussage dazu möchte Scherrer nicht machen, «das traue ich mich nicht». Nichts sei unmöglich, aber alles, was nach dem Final kommen würde, lasse er auf sich zu kommen.
Wie es für Scherrer nach Olympia und der Weltcupsaison weitergeht? «Ich würde lügen, würde ich sagen, dass ich mir noch keine Gedanken zu meinem Rücktritt gemacht habe», sagt Scherrer, das geschehe «automatisch». Genauer will er auf seine Pläne des Karriereendes aber nicht eingehen. Nur so viel nimmt Scherrer vorweg: «Es wird sicher nicht meine letzte Saison sein.»
