In Epalinges taucht man ins Herz der Dopinganalyse ein
In Epalinges befindet sich das Schweizer Labor für Dopinganalysen (LAD) - eines von 30 Laboren, die von der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) akzeptiert sind.
Dieses öffnete dieser Tage anlässlich seines 35-jährigen Bestehens und im Vorfeld der Olympischen Spiele in Mailand-Cortina, die Monate intensiver Aktivität versprechen, ausnahmsweise seine Türen für die Öffentlichkeit.
Auf dem Parkplatz des Gebäudes, das nur wenige Schritte von der Endstation der M2 entfernt in den Hügeln von Lausanne liegt, werden regelmässig Lieferungen abgegeben. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich ein bekannter Baumarkt, aber die Mitarbeiter in den weissen Kitteln im zweiten Stock erhalten täglich eine andere Art von Paketen: Urin- und Blutproben.
Antidoping-Agenturen und Sportverbände, die ihre eigenen Doping-Kontrollen durchführen, lassen die Proben untersuchen. Die versiegelten Flaschen sind anonymisiert, nur die Sportart und das Geschlecht sind bekannt.
Nach einer Doping-Kontrolle irgendwo auf der Welt werden die Proben normalerweise an das nächstgelegene Labor geschickt. Gleichwohl erhält das LAD in Epalinges Proben aus 107 Ländern, wie Tia Kuuranne, die finnische Direktorin des Instituts, erläutert.
«Sich für sportliche Fairness einsetzen»
Bei ihrer Ankunft in Epalinges durchlaufen die Behälter der Proben zunächst das Empfangslabor, wo die Unversehrtheit überprüft wird, um sicherzustellen, dass nicht manipuliert worden ist. Anschliessend werden die Proben aliquotiert – das heisst: in mehrere kleine Proben aufgeteilt.
In einer Ecke des Raumes füllt eine Maschine kleine Fläschchen mit einer gelblichen Flüssigkeit ab, die mehr oder weniger stark gefärbt ist. «Das ist ein Automat», erklärt ein Mitarbeiter des LAD, «er ist bei solchen Aufgaben viel zuverlässiger als ein Mensch. Er kann nur das tun, was man von ihm verlangt, aber er tut immer das, was man von ihm verlangt.»
Die Ausbildung der Mitarbeiter des Lausanner Labors ist vielfältig. Hier treffen Apotheker, Chemiker, Biologen und Techniker für biomedizinische Analysen aufeinander. Aber alle teilen die gleiche Vision von einem «sauberen Sport». Die Mitarbeiter sind stolz darauf, dass «wir uns für sportliche Fairness einsetzen können – das erachten wir alle als positiv.»
Eine strenge Analyse
Die vorbereiteten Proben werden in die untere Etage geschickt, in einen der lauten «Maschinenräume», die jeweils einer «Familie» von Substanzen gewidmet sind: Aufputschmittel in dem einen, anabole Steroide in dem anderen. Dort werden die Proben durch grosse Massen-Spektrometer geschoben, die Hunderte von Metaboliten nachweisen können und so mögliche Spuren von Substanzen aufdecken, die von der WADA verboten sind.
Hunderte von Grafiken – eine für jeden Metaboliten – werden dann von den Mitarbeitern des LAD rigoros analysiert. «Sie gehen immer an vier Augen vorbei, denen eines Technikers und eines Managers», sagt Raul Nicoli, einer der Wissenschaftler des Labors.
Zwei Prozent positive Proben
Nach der Analyse bewahrt das LAD die Proben drei Monate lang auf, bevor sie vernichtet werden, es sei denn, die Behörde oder der Verband – dem die Probe gehört – verlangt eine längere Aufbewahrung: «Das kann nützlich sein, wenn die Technik so weit voranschreitet, dass man Substanzen noch Jahre nach dem Test nachweisen kann», erklärt die Leiterin.
Deshalb lagert das LAD in seinen Kühlschränken über 100’000 tiefgefrorene Proben. Zwischen den Fläschchen in verschiedenen Formen und Grössen greift ein Mitarbeiter nach einer imposanten Flasche: «Das ist ein amerikanisches Modell, die machen es immer komplizierter», lacht er.
Wie der Buchstabe auf der Oberfläche verrät, handelt es sich um eine «B»-Probe. Bei einer Kontrolle muss der Athlet nämlich zwei Behälter füllen, und nur der mit «A» gekennzeichnete wird zur Analyse geöffnet. Wenn der Test positiv ausfällt – etwa zwei Prozent der 20’000 Tests, die jedes Jahr im LAD durchgeführt werden -, kann der Athlet eine Gegenanalyse mit der «B»-Probe verlangen.
In solchen Fällen wird der Athlet oder sein Anwalt eingeladen, bei der Öffnung der zweiten Probe anwesend zu sein, um sicherzustellen, dass es sich um seine Probe handelt und dass alles nach den Regeln abläuft. Einige positiv getestete Athleten sind bereits durch die Flure des LAD in Epalinges gelaufen. «Das ist ziemlich üblich», sagt der Verwaltungsdirektor des Labors, der natürlich keine Namen nennen will. «Aber nach unserer Erfahrung bestätigt die Gegenanalyse systematisch das ursprüngliche Ergebnis.»
