Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet
Politik
18. July 2025

Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet

Zum zweiten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 schiebt Deutschland afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab.

Ein Flugzeug mit 81 Menschen an Bord starte an diesem Morgen von Leipzig aus, wie eine Sprecherin des Innenministers Alexander Dobrindt bestätigte. Es handele sich um vollziehbare Ausreisepflichtige, die strafrechtlich in Erscheinung getreten seien.

Gegen 8.30 Uhr startete in Leipzig eine Maschine der Qatar-Airways. Nach Angaben eines Fotografen der Deutschen Presse-Agentur waren Passagiere mit mehreren Bussen dorthin gebracht worden. Kurz vor 7.00 Uhr am Morgen stiegen die ersten ein, mindestens einer davon trug demnach eine Fussfessel.

Der erste Abschiebeflug seit Antritt der Regierung aus christdemokratischer Union (CDU/CSU) und sozialdemokratischer SPD unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) startete unmittelbar vor Beginn eines Treffens des Christdemokraten Dobrindt und mehreren EU-Kollegen auf der Zugspitze, bei dem es um eine Verschärfung der EU-Asylpolitik gehen soll.

Seit dem bisher letzten Abschiebeflug mit afghanischen Straftätern waren fast elf Monate vergangen. Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampel-Regierung im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen auch nach Afghanistan wieder möglich zu machen.

Katar als Vermittler

Am 30. August waren dann mit Hilfe des Golfemirats Katar 28 männliche afghanische Straftäter ebenfalls von Leipzig aus in ihr Herkunftsland zurückgebracht worden. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt. Der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, es werde weitere solcher Flüge geben. Es blieb bei dem einen.

Nach der Neuwahl in diesem Jahr und wenige Wochen vor dem Antritt der neuen Regierung versprach der heutige Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) bei «Bild» auf Nachfrage regelmässige Abschiebeflüge nach Afghanistan und Syrien. Darauf könnten sich die Deutschen verlassen. Das werde man «dauerhaft und in wesentlich grösseren Bereichen auch hinbekommen».

Durchführung gestaltet sich schwierig

Doch die Durchführung gestaltet sich bis heute schwierig: Deutschland unterhält zu den islamistischen Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Man erkenne das Regime nicht als rechtmässige Regierung an, Deutschland habe nur auf technischer Ebene über ein Verbindungsbüro in Katar Kontakt zu den dortigen Machthabern, hatte Bundesaussenminister Johann Wadephul (CDU) kürzlich gesagt. «Das war es, und das ist es.»

Dobrindt will direkte Gespräche mit Afghanistan

Innenminister Dobrindt (CSU) strebt an, das zu ändern. Er hatte dem «Focus» Anfang des Monats gesagt: «Mir schwebt vor, dass wir direkt mit Afghanistan Vereinbarungen treffen, um Rückführungen zu ermöglichen. Nach wie vor braucht es Dritte, um Gespräche mit Afghanistan zu führen. Eine Dauerlösung darf das so nicht bleiben.»

Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen lehnen die Pläne ab. Die Bedingungen vor Ort seien nicht für Rückführungen geeignet, sagte Arafat Jamal, der Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Kabul damals in Reaktion auf Dobrindts Aussagen. Die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, wies auf laufende Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan hin, wie etwa Hinrichtungen oder die Unterdrückung von Frauen.

Rund 446.000 Afghanen in Deutschland

Ende Mai hielten sich einer Regierungsantwort zufolge 446.287 Afghaninnen und Afghanen in Deutschland auf. Unter ihnen waren 11.423 Ausreisepflichtige, davon 9.602 mit und 1.821 ohne Duldung, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» Anfang Juli mitgeteilt hatte.

Eine Duldung wird ausgestellt, wenn die Abschiebung eines ausreisepflichtigen Ausländers vorübergehend ausgesetzt ist. Das kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, etwa zur Vermeidung der Trennung von Familien, aufgrund rechtlicher oder praktischer Hindernisse – zum Beispiel, weil Reisepapiere fehlen oder der Betroffene krank ist – oder wenn jemand eine Ausbildung aufgenommen hat.

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