Die Schweiz rettet sich in extremis in die Viertelfinals
Sport
10. July 2025

Die Schweiz rettet sich in extremis in die Viertelfinals

Dank eines Treffers in der Nachspielzeit rettet die Schweiz ein 1:1 gegen Finnland und steht erstmals in einem EM-Viertelfinal. Riola Xhemaili ist die gefeierte Heldin.

Die Verzweiflung steigt mit jeder Sekunde. Der EM-Traum im eigenen Land könnte in nur ein paar Minuten vorbei sein. Von den Rängen soll mit Anfeuerungsrufen noch einmal Energie aus diesem Schweizer Nationalteam gepresst werden, das doch ihr eigenes Sommermärchen schreiben und nicht nach drei Spielen die Bühne der Heim-EM den anderen Nationen überlassen wollte.

Die Schweizerinnen rennen nach einem leichtsinnig verschuldeten Penaltytreffer der Finninnen einem 0:1 hinterher, und als die Nachspielzeit angebrochen ist, kommt der Ball an der Strafraumgrenze zu Géraldine Reuteler. Die Mittelfeldspielerin trifft den Ball zwar nicht ganz, dennoch wird er aber zur perfekten Vorlage für Riola Xhemaili, die aus kurzer Distanz nur den Fuss hinhalten kann – und damit nicht nur Ekstase auslöst, sondern dafür sorgt, dass die EM für die Gastgeberinnen weitergeht.

Sicherheit vor Spektakel

Pia Sundhage schenkte zu Beginn denselben elf Spielerinnen das Vertrauen wie beim 2:0-Sieg in Spiel 2 gegen Island, und wie schon im Berner Wankdorf sahen die Schweizer Fans im mit 26388 Menschen aussergewöhnlich gut besuchten Stade de Genève kein Feuerwerk an Chancen.

Wie viel in dieser letzten Partie der Gruppe A auf dem Spiel stand, wurde offensichtlich, sobald die erfahrene französische Schiedsrichterin Stéphanie Frappart das Aufeinandertreffen mit ihrem Pfiff eröffnet hatte.

Zwar wagten sich die Schweizerinnen in der Startviertelstunde mehrmals in den Angriff. Sydney Schertenleib prüfte die finnische Torhüterin Anna Koivunen mit einem satten Schuss, und die aufgerückte Viola Calligaris verfehlte den Ball bei ihrem Versuch zum spektakulären Seitfallzieher.

Mehr Offensivaktionen hatten Sundhages Spielerinnen vorerst nicht zu bieten. «Safety first» schien das Credo der SFV-Auswahl, zumal die Uhr in dieser Partie eine Schweizerin war, sprich: die Schweizerinnen nicht um jeden Preis auf Sieg spielen mussten, sondern ein torloses Unentschieden ihnen auch dafür reichen würde, im dritten Anlauf erstmals in die K.o-Phase einer Europameisterschaft einzuziehen.

Calligaris’ Zweikampf

Im Vorfeld hatten sowohl Sundhage als auch ihre Spielerinnen zwar davon gesprochen, nicht zu taktieren und spekulieren, sondern mit Toren und einem Sieg für Klarheit sorgen zu wollen. Mit dem Toreschiessen ist es aber so eine Sache, wenn fast 70000 Augenpaare auf einem sind und die ganze Fussballschweiz in Fanzonen und den heimischen Stuben mitfiebert.

Wie riskant dieser Spielstand von 0:0 für die Schweizerinnen sein kann, deutete sich schon in der ersten Halbzeit an. Kurz vor der Pause brachte Eveliina Summanen einen Freistoss gefährlich in den Strafraum, wo Eva Nyström den Fuss hinhielt und perfid ablenkte. Livia Peng im Schweizer Tor reagierte auf der Linie glänzend.

Mit den Einwechslungen von Leila Wandeler und Ana-Maria Crnogorcevic zur Pause kam zwar wieder etwas mehr Leben ins Offensivspiel der Schweiz. Vorab die junge Wandeler stürmte wie schon gegen Island immer mal wieder nach vorne und sorgte mit ihrer Unbekümmertheit für Unruhe im finnischen Defensivverbund.

Nun wohl gegen Spanien

Das Damoklesschwert des Resultats aber blieb. Und als die 77. Minute angebrochen war, schien es erbarmungslos auf die Schweizer EM-Träume darnieder zu sausen: Viola Calligaris wurde auf der rechten Seite zweimal überlaufen, und als Emma Koivisto an ihr vorbeigezogen war, konnte die Verteidigerin von Juventus Turin nur das Bein stehen lassen. Natalia Kuikka verwertete den fälligen Penalty souverän.

Doch Sundhage warf mit Alisha Lehmann und Xhemaili weitere Offensivkräfte in die Partie – und die Bernerin von PSV Eindhoven, die lange nicht mehr zum Kreis des Nationalteams gehört hatte, lässt die Schweiz weiterträumen. Am Freitag steht der Viertelfinal an. Wahrscheinlich gegen die Weltmeisterinnen aus Spanien.

Telegramme und Tabelle:

Finnland – Schweiz 1:1 (0:0)

Genf. – 26’388 Zuschauer. – SR Frappart (FRA). – Tor: 79. Kuikka (Penalty) 1:0. 93. Xhemaili 1:1.

Finnland: Koivunen; Tynnilä, Kuikka, Nyström, Emma Koivisto; Summanen (72. Lehtola), Oona Siren, Sevenius (57. Franssi); Öling (57. Ahtinen), Kosola (82. Roth), Sällström (72. Rantala).

Schweiz: Peng; Calligaris, Stierli (82. Xhemaili), Maritz; Beney (82. Lehmann), Reuteler, Wälti, Vallotto, Riesen (46. Crnogorcevic); Schertenleib (71. Pilgrim), Fölmli (46. Wandeler).

Bemerkungen: Finnland komplett. Schweiz ohne Terchoun (muskuläre Probleme). Verwarnungen: 33. Reuteler. 91. Koivunen.

Norwegen – Island 4:3 (2:1)

Thun. – SR Pesu (ROU). – Tore: 6. Jonsdottir 0:1. 15. Gaupset 1:1. 26. Gaupset 2:1. 49. Leonhardsen-Maanum 3:1. 76. Leonhardsen-Maanum 4:1. 84. Eiriksdottir 4:2. 95. Viggosdottir 4:3. – Bemerkungen: 94. Gelb-Rote Karte gegen Lund (Norwegen).

1. Norwegen 3/9 (8:5). 2. Schweiz 3/4 (4:3). 3. Finnland 3/4 (3:3). 4. Island 3/0 (3:7).

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