Wenn Opernfiguren durch Blumen sprechen
Micha Brandstetter
Sopranistin Katrin Alexian und Pianist Reto E. Fritz präsentierten ein fein abgestimmtes Programm mit Arien von Händel, Haydn, Mozart, Rossini, Bellini und Verdi. Der florale Leitgedanke war dabei mehr als ein oberflächliches Dekoelement.
Für Alexian sind Pflanzen Metaphern seelischer Zustände, Ausdruck mentaler Vorgänge, nicht blosser Zierrat. Auch ihre selbst entworfenen Kostüme spiegelten diese Idee: Stoffwahl, Schnitt und Farbgebung standen stets im Dialog mit der dargestellten Rolle. Gleichzeitig zeigte die Darbietung eindrücklich, wie sich Musikstile von Barock bis Romantik, über einen Zeitraum von fast 150 Jahren gewandelt haben.
Szenische Tiefe und klangliche Feinzeichnung
Durch ihre tänzerische Vergangenheit an der Wiener Staatsoper und dem Zürcher Opernhaus verleiht Alexian, die seit vielen Jahren in Freienbach lebt, den Stücken eine zusätzliche Ausdrucksdimension, wie sie sonst kaum aufgeführt wird. Ihre Figuren entfalten sich nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich. In Mozarts «Susanna» aus «Le Nozze di Figaro» zeigte sie, wie Körpersprache Leichtigkeit, Wachheit und weibliches Selbstbewusstsein transportieren kann.
In Bellinis Elvira aus «I puritani» wurde das gebrochene Herz nicht nur vokal ausgestaltet, sondern auch choreografisch durchdrungen. Daraus entstand eine stille, poetische Intensität, die auch klanglich ihre Entsprechung fand.
Emotionale Kontraste
Bemerkenswert war auch die Vielfalt der Kostüme, die Alexian während des Konzerts mehrfach – vor und hinter der Bühne – wechselte. Requisiten wie ein Fächer, eine Puppe oder ein Plüschbär wurden gezielt eingesetzt, um den Charakteren zusätzliche Tiefe und emotionale Kontraste zu verleihen.
Reto E. Fritz begleitete mit grosser stilistischer Sicherheit, formte Bögen, setzte atmende Übergänge und platzierte zwischen den Arien Intermezzi, die nicht nur überleiteten, sondern innere Spannungen nachklingen liessen, und die Atmosphäre des folgenden Werks bereits andeuteten.
Persönliches Erlebnis
Einen besonderen Moment stellte «Und Gott sprach: Es bringe die Erde Gras hervor » und «Nun beut die Flur das frische Grün» aus Haydns Schöpfung dar. Alexian verbindet mit dieser Dichtung ein persönliches Erlebnis, wie sie gegenüber dieser Zeitung erzählte. In den 1980er-Jahren tanzte sie das Oratorium mit dem Zürcher Ballett. Stimme, Bewegung und Mimik griffen ineinander, die Naturbilder Haydns wirkten lebendig, ohne ins Illustrative zu kippen. Das Publikum im Saal schätzte die künstlerische Nähe und bedankte sich mit lang anhaltendem Applaus für einen Abend, der durch seine ganzheitliche Gestaltung in Erinnerung bleiben wird.
Klassischer Gesang, Bewegung und liebevoll gestaltete Kostüme: Beim Rosenkonzert im Gemeinschaftszentrum Freienbach verband sich am Sonntag alles zu einem eindrücklichen Erlebnis im intimen Rahmen.
Die sorgfältig gestalteten Kostüme unterstrichen die Stimmung der einzelnen Rollen.