Mit Thomas Rageth auf der Extrastrasse in Richtung ESAF
Martin Meier
Andere würden gleich abwinken oder versuchen, einen mit der Antwort «keine Zeit» abzuwimmeln. Er aber quittiert die Anfrage mit einem «Gerne». Gerne nimmt Thomas Rageth die Zeitung zu einer Baustellenbesichtigung mit. Obschon es noch nicht viel zu besichtigen gebe – glaubt man beim Organisationskomitee. «Wo wollen wir anfangen? », fragt der Co-Geschäftsführer des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests ESAF. Am Bahnhof Näfels-Mollis stehen auf jeden Fall ein Bagger und eine Gruppe Arbeiter in orangen Anzügen. Nachdem Gleis 2 für das Schwingfest neu ein Perron erhalten hat, wird derzeit der Bahnsteig entlang des Glei-ses 1 verlängert. «Richtung Ziegelbrücke um 150 Meter», weiss Rageth.
Rageth steuert sein Fahrzeug erst einmal auf der Netstalerstrasse taleinwärts. «Da vorne zweigen wir dann rechts ab.» Mit «da» meint Rageth den Betonstreifen, über den einst die Hunter der Fliegerstaffel 20 aus den Bunkern im Berg auf den Runway gerollt sind.
Ein einsamer Metallkoloss
Am Pistenanfang stoppt Rageth. Man könnte den Ort im Norden des Flugplatzes auch als Pistenende bezeichnen. Sowohl als auch darf jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt beides von den ESAF-Verantwortlichen noch nicht tangiert werden. Der Flugbetrieb muss bis und mit 3. August weiterlaufen können. «Deshalb diese Strasse da.» Rageth erklärt, dass sie extra gebaut werden musste, um das Flugplatzareal bis zu diesem Zeitpunkt zu umfahren. «Nach dem ESAF wird sie wieder zurückgebaut.» In der Wiese steht ein einsamer Metallkoloss. «Ein sogenannter Mittelspannungstransformator », sagt Rageth. «Dessen Aufgabe ist es, die Mittelspannung auf Niederspannung zu transformieren, sodass der Strom den Steckdosen entnommen werden kann.» Nicht nur auf diesem Gebiet kann Rageth so schnell keiner das Wasser reichen. Jahrelang leitete der Glarner das Baustellenmanagement für das Axpo-Milliardenprojekt Linthal 2015. «Ach ja», meint Rageth. «Die elektrischen Leitungen sind verlegt. Ebenso die sechs Kilometer lange Wasser- und Abwasserleitung. Da ist schon längst Gras drüber gewachsen.» «Jetzt fahren wir zur Arena», sagt er. Natürlich über die neue «Umfahrungsstrasse», dann weiter auf einer ehemaligen Kiesstrasse, die für das ESAF extra aufbetoniert worden ist. Es ist eine Fahrt durch eine Allee blühender Obstbäume: «Bestehend aus Apfel-, Birn-, Baumnuss- und Kirschbäumen », sagt Rageth. «Die kleineren Bäume dazwischen, die noch gestützt werden müssen, wurden auf ESAF-Kosten umgepflanzt.» Auch die Sträucher und Bäume, die am Ufer der Linth für den Aufbau der Militärbrücke abgeholzt werden mussten, werden wieder ersetzt. Die Brücke selbst dient als Übergang vom Campingareal ins Festgelände.
Zurück zur Obstbaum-Allee. Ein wenig ähnelt sie einer Schlosseinfahrt, auf jeden Fall erweckt sie den Eindruck, die Zufahrt zu etwas ganz Grossem zu sein. Das Grosse erscheint dann plötzlich direkt vor einem, allerdings erst am Boden eingezeichnet. Doch die Weite der Arena ist real, soweit das Auge reicht. Die Höhe, 18Meter, kann allerdings nur erahnt werden. Ganz zu schweigen von der Stimmung, die im vollbesetzten Stadion mit Sicherheit aufkommt. Wenn die Schwinger in den Ring steigen, dem Gegner an die Hosen greifen und versuchen, ihn auf den Rücken ins Sägemehl zu legen. Die Hühnerhautstimmung, die aufkommt, wenn 56500 Menschen die Nationalhymne singen, muss allerdings erlebt sein.
35 000 Kubikmeter Kies gemietet
Rund um den Rasen noch vor dem künftigen Tribünenbeginn liegt ein Kiesbett, das mit 40-Tönnern befahren werden darf. Ein gleiches führt rund um die Arena, die einen Umfang von 850 Metern hat: als Zufahrt für die Baumaschinen und, am Fest selbst, als Nachschubstrecke für die Grillwürste und Bierflaschen. «Der befestigte Untergrund besteht aus sieben Zentimetern Sand und 35 Zentimetern Kies», weiss Rageth. «Alleine vom Kies benötigten wir 35 000 Kubikmeter. » Geliefert hat diesen die Kalkfabrik und das Haltengut. «Das Haltengut wird den Kies nach dem Nichtmehrgebrauch wieder zurücknehmen », sagt Rageth. «Wir haben das Material sozusagen nur gemietet.» Das sei einmalig.
Um den Untergrund zu schützen, werden zu einem späteren Zeitpunkt noch Bodenplatten, sowohl im Festgelände wie auch beim Camping und bei den Parkplätzen, verlegt. «Insgesamt 78000 Quadratmeter», weiss Rageth. Direkt an der Rasenfläche fällt ein frei stehender Wasserhahn auf. Er speist die drei ESAF-Brunnen, an denen noch herumgeschnitzt wird. Was auch noch auffällt: Niemand arbeitet. Dies könne man sich leisten, sagt Rageth. «Wir sind dem Zeitplan voraus.» Der Winter und das Wetter seien dem ESAF sehr hold gewesen. «Der Wettergott war auf unserer Seite, sodass wir die eingeplanten Reservetage nicht brauchen mussten.» Aber was heisst da, niemand arbeitet? Einer ist nicht zu bremsen: der Rasenmäher. Der Roboter fährt im Innern der Arena mit fünf Kilometern pro Stunde über die 15000 Quadrat-meter grosse Rasenfläche, die bereits im vergangenen Jahr angepflanzt worden ist. «Dank einer Live-Kamera kann die Arbeit des Roboters permanent überwacht werden», sagt Rasenchef Jaques Dürst, der vor Ort zum Rechten schaut. Mit dem Aufbau der Arena wird dann am 16. Juni gestartet.
Obwohl die Arena noch nicht steht, lässt sich die Grösse des Festplatzes schon erahnen. ESAF-Co-Geschäftsführer Thomas Rageth zeigt, was bereits für das Schwingfest in Mollis gebaut wurde.