«Ich bin glücklich, wer ich heute bin»
Sport
19. May 2025

«Ich bin glücklich, wer ich heute bin»

Kevin Fiala hat einen Weg hinter sich, der höchste Achtung verdient. Aus dem egoistischen Supertalent ist ein echter Teamleader geworden. Heute ist er «glücklich, wer ich bin».

Es sind Worte, die man selten in dieser Offenheit von einem hochbezahlten Sportstar hört. «Ich war jung und dumm, das kann man schon so sagen», zeigt sich Kevin Fiala im Spielerhotel der WM in Dänemark äusserst selbstkritisch. Der heute 28-jährige Ostschweizer hatte früher den Ruf eines hochtalentierten, aber schwierigen, egoistischen und manchmal überheblichen Spielers. Diese Zeiten sind vorbei, doch missen will sie Fiala auf keinen Fall. Sie haben ihn zu dem gemacht, was er heute ist.

Bei den Junioren des EHC Uzwil gross geworden, wechselte er mit 14 Jahren in die ZSC-Juniorenabteilung. Bei den Zürchern absolviert er noch heute sein Sommertraining. Speziell: In der Schweizer National League spielte Fiala noch keine Sekunde – auch, weil er ausgesprochen ehrgeizig war. Nach nur zwei Jahren beim ZSC zog es ihn bereits nach Schweden, erst zu den Junioren von Malmö, dann auch in die SHL nach Jönköping zu HV71. Für den jungen Ostschweizer war es ein echter Kulturschock.

Genügsame Schweizer, ehrgeizige Schweden

«In Schweden habe ich sehr viel gelernt, als Hockeyspieler und auch menschlich», blickt Fiala zurück. «Hier gaben alle immer 100 oder sogar 110 Prozent, auch in jedem Training.» Das sei in der Schweiz ganz anders gewesen. Die Schweizer Junioren waren also schneller mit sich zufrieden? «Absolut, viel schneller», wählt Fiala deutliche Worte. «In Schweden wollten alle immer ‘ums Verrecke’ gewinnen. Wenn es hiess, macht Zehn-Meter-Sprints, machte jeder elf oder zwölf Meter. Auch wenn kein Trainer zuschaute. In der Schweiz einfach immer einen Schritt weniger.»

Zu Fiala passte die schwedische Mentalität perfekt. «Ich hatte diesen Ehrgeiz immer, den hat mir mein Vater beigebracht. Vielleicht sogar etwas zu sehr», erzählt er und lacht. Aber eben, in jüngeren Jahren habe sich sehr viel immer um ihn gedreht. «Ich wollte immer gewinnen, aber es ging mir auch um meine Zahlen, meine Skorerpunkte.»

Nur noch das Team zählt

Nun sitzt einem in der Hotellobby ein anderer Mensch gegenüber. «Meine Ziele sind anders, heute zählt nur der Erfolg des Teams.» Zu dieser Reife trägt natürlich auch die Familie bei. Schweden hat ihn nicht nur sportlich geprägt, vor elf Jahren lernte er dort seine heutige Frau Jessica kennen, seit gut einem Jahr sind sie Eltern. Kurz vor der WM verloren sie ihr zweites Kind, dennoch reiste Fiala mit Frau, Tochter und Familienhund nach Dänemark. Es ist seine Art, die Tragödie zu verarbeiten, auch sein Zeichen, wie gerne er mit seinen Teamkollegen das Schweizer Trikot mit der Nummer 21 trägt. Dass er sich nicht versteckt hat, brachte ihm viel Respekt und Aufmunterung.

Trotz des Schicksalsschlags kann Fiala heute sagen: «Ich bin sehr, sehr happy, wer ich jetzt als Spieler und als Mensch bin.» Gerade auch wegen dem Weg, den er gemacht hat. «Ich schätze all die Sachen, die ich hatte, alle Hürden. Ohne meine Fehler wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.» Ein Stürmerstar der Los Angeles Kings, der mit einem Siebenjahres-Vertrag 55,125 Millionen Dollar verdient, der ein glücklicher Familienmensch ist und der das tun kann, was er am liebsten macht.

Alle geben Vollgas

Sogar mit der Schweizer Mentalität hat er sich ein wenig versöhnt. Er glaubt, dass die Einstellung heute besser ist, auch wenn seine Zeiten als Junior in der Schweiz lange vorbei sind. «So gesehen kann ich das nicht beurteilen, aber beim ZSC und in der Nationalmannschaft ist es auf jeden Fall viel besser geworden», stellt er fest. «Heute geben auch im Training alle Vollgas, das war vor zehn Jahren, als ich in der Nati angefangen habe, noch nicht so.»

«Älter, reifer, erwachsener», sei er geworden, sagt Kevin Fiala. Zum Glück für die Eishockey-Fans hat der Mann mit den aussergewöhnlich feinen Händen und der stupenden Schlittschuhtechnik seinen Ehrgeiz und die Freude am Spiel nicht abgelegt. Speziell nach dem Ausfall von Captain Nico Hischier ist er – der MVP der letzten WM in Tschechien – der wichtigste Faktor, wenn es erneut mit einer Medaille klappen soll.

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