Kevin Mbabu ist in Dänemark ein Teamleader
Sport
16. May 2025

Kevin Mbabu ist in Dänemark ein Teamleader

Im vergangenen Sommer macht der Schweizer Internationale Kevin Mbabu den ungewöhnlichen Schritt in die dänische Superliga. Beim FC Midtjylland in Herning ist der Genfer Leader eines Multikulti-Teams.

Idyllisch ist es im vor zwei Jahren eröffneten Campus des dänischen Meisters, eine Viertelstunde östlich von Herning in Ikast. Kaum ein Wölkchen am stahlblauen Himmel. Einzig ein recht bissiger Wind erinnert daran, dass man sich im Norden Europas befindet. «Es ist nicht immer so schönes Wetter», wird Kevin Mbabu später lachend versichern.

Eine Gruppe Erstklässler von der benachbarten Sportschule beobachtet mehr oder weniger interessiert das Training der ersten Mannschaft. Sagt ihnen der Name Mbabu etwas? «Yes», ruft ein sechsjähriger Blondschopf, der es sich faul in einem Bollerwagen bequem gemacht hat, auf Englisch. Und in Dänisch: «Er ist sehr schnell.» Ein anderer Bub im Liverpool-Trikot mit der Aufschrift «A. Becker» fügt hinzu: «Und er ist gut am Ball.»

Niveau etwas höher als in der Schweiz

Auf dem Trainingsplatz gehört Kevin Mbabu zu den Engagiertesten. Beim Aufwärmen auf dem kleinen Platz, aber auch nachher auf dem grossen, rennt er in seiner bekannten Art die rechte Seitenlinie auf und ab. Aussenverteidiger oder Flügel? Mbabu ist wie immer sowohl als auch. Immer wieder schreit der Trainer, Thomas Thomasberg, Anweisungen. «Kevin, hold the line», aber auch ein lautes «Yes!» Mbabu ist in einer jungen Mannschaft einer der Routiniers. «Er ist für uns eine Leaderfigur. Deshalb haben wir ihn geholt», betont Thomasberg. Die Umgangssprache ist Englisch. «Wir haben 18 Nationalitäten im Team», verrät Mbabu.

Sein Schritt nach Dänemark im letzten Sommer überraschte ein wenig. Trotz laufendem Vertrag beim FC Fulham wechselte der 30-jährige Sohn eines Kongolesen und einer Französin nach Ausleihen an Servette und Bundesligist Augsburg kurz vor Transferschluss zum FC Midtjylland. «Es war in dem Moment das beste Angebot», sagt er.

«Ich würde die Liga vom Niveau her etwas über der Schweizer Super League einstufen. Es gibt etwas mehr Talent – ausser vielleicht Basel in diesem Jahr mit Shaqiri», erzählt Mbabu mit der Erfahrung einer knappen Saison. «Es wird hier schnell gespielt, mit viel Einsatz. Das Durchschnittsalter liegt bei 22, 23 Jahren.» Für viele ist es eine Zwischenstation auf dem erhofften Sprung in eine der grossen Ligen.

Sehr ruhiges Leben

Mbabu fühlt sich wohl in Dänemark, wo er rund dreiviertel Stunden ausserhalb von Herning «ein schönes Haus im Grünen» bewohnt. «Das Leben ist hier sehr ruhig», erzählt er schmunzelnd. «Die Läden öffnen um neun und schliessen um achtzehn Uhr. Man macht sich nicht zu viel Stress.» Und Stau gebe es schon gar nie, meint der leidgeprüfte Genfer. «Wenn du hier zu spät kommst und behauptest, es habe am Verkehr gelegen, weiss jeder, dass du lügst.»

Sportlich verpassten der Verein und Mbabu am Sonntagabend eine grosse Chance, als sie im Spitzenspiel in Kopenhagen sieben Minuten vor Schluss den Ausgleich hinnehmen mussten. Nun sind sie weiter auf Schützenhilfe angewiesen, wenn sie den Meistertitel erfolgreich verteidigen wollen. Zwei Runden sind noch zu spielen, Kopenhagen führt mit einem Punkt Vorsprung vor Midtjylland. «Wir haben es verpasst, den Match zu ‘töten’», ärgert sich der 25-fache Schweizer Internationale. «Das ist schon frustrierend. Nun müssen wir halt die letzten zwei Spiele ohne Misstritt überstehen und auf einen Ausrutscher Kopenhagens hoffen.»

WM 2026 als Ziel

Hoffen tut Mbabu auch weiterhin auf einen nochmaligen Schritt in eine grössere Liga und vor allem auf eine Teilnahme an der WM im kommenden Jahr in Nordamerika. Für kommendes Jahr hat er noch einen Vertrag in Dänemark, den er zu erfüllen gedenkt. Aber man wisse ja nie. Mit Nationalcoach Murat Yakin ist er nicht regelmässig in Kontakt, letztmals für die Schweiz spielte er im letzten November in der Nations League gegen Serbien.

2022 fiel er vor der WM in Katar dem letzten Kader-Schnitt zum Opfer, die erfolgreiche Euro 2021 ist bis jetzt das einzige grosse Turnier mit Mbabu. «Ich habe immer Lust, mein Land zu vertreten», betont der Genfer. «Das Nationalteam ist und bleibt immer ein Ziel für mich. Jetzt muss ich eben auf dem Platz zeigen, dass ich eine Nomination verdiene.»

Beklagen will sich Kevin Mbabu auf keinen Fall. «Die meisten jungen Fussballer träumen davon, einmal in der Super League spielen zu können», streicht er heraus. «Ich habe schon so viel erlebt. Ich werde mich sicher nicht beklagen.» So lebt Mbabu derzeit im in vielen Umfragen als «glücklichstes Land der Welt» auserkorenen Dänemark – und hofft trotzdem noch einmal auf einen Karriereschritt.

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