Wenn der Sieger den Zweiten huldigt
Faire Geste: Tadej Pogacar (rechts) gratuliert Mathieu van der Poel zu seinem dritten Sieg bei Paris–Roubaix. Bild: Olivier Matthys / Keystone
Sport
14. April 2025

Wenn der Sieger den Zweiten huldigt

Mathieu van der Poel gewinnt das Kopfsteinpflaster-Duell gegen Tadej Pogacar und sichert sich damit zum dritten Mal in Folge den Sieg bei Paris–Roubaix. Dem Debütanten Pogacar wird 38 Kilometer vor dem Ziel ein Sturz zum Verhängnis.

Dominik Moser (sda)

Tadej Pogacar lächelte etwas gequält, als er im altehrwürdigen Velodrome von Roubaix seinem grossen Rivalen Mathieu van der Poel zu dessen dritten Sieg im Pavé-Klassiker gratulierte. Nur zu gern hätte der Weltmeister bei seiner Jagd nach den Monumenten und der Demonstration an der Flandern-Rundfahrt auch das prestigeträchtigste Eintagesrennen im Radsport gewonnen. Doch ein Sturz-Malheur zerstörte alle Hoffnungen des am Ende zweitplatzierten Slowenen bei der 122. Auflage des Kopfsteinpflaster- Spektakels.

Dabei erweckte Pogacar bei seiner mit Spannung erwarteten ersten Teilnahme lange Zeit den Eindruck, als könnte er in der Hölle des Nordens tatsächlich sogleich den Sieg einfahren. In einem früh lancierten Ausscheidungsfahren drückte der dreifache Tour-de-France-Sieger immer wieder aufs Tempo, bis nur noch er und van der Poel übrig blieben. Doch dann, 38 Kilometer vor dem Ziel, passierte es. Im 21. von 30 Pavé-Sektoren machte er im Duell der Giganten den entscheidenden Fehler, als er eine Rechtskurve zu schnell anfuhr und stürzte.

Verhängnisvolle Fehleinschätzung

Der unfreiwillige Abflug nach einer «Fehleinschätzung» (Pogacar) kostete ihn 20 Sekunden, später summierte sich der Zeitverlust durch einen Defekt. Auch weil Pogacar im Finish zusehends die Kräfte verliessen, wies van der Poel, der auch noch sein defektes Velo wechseln musste, im Ziel einen Vorsprung von 1:18 Minute aus.

«Am Ende war ich ziemlich leer. Ich habe gelitten, und die letzten 20 Kilo-meter waren sehr lang», sagte Pogacar im Ziel, und wirkte dabei etwas ernüchtert. «Das war eines der härtesten Rennen, das ich in meiner Karriere gefahren bin.» Gleichwohl betonte er, dass er das Rennen genossen habe. Die Atmosphäre sei fantastisch gewesen.

Und so hiess der Sieger wieder Mathieu van der Poel. Der Niederländer ist erst der dritte Fahrer, der die «Königin der Klassiker» dreimal hintereinander gewinnen konnte. Vor ihm war dies lediglich Francesco Moser (1978 bis 1980) und Octave Lapize (1909 bis 1911) gelungen. Mit seinem dritten Triumph ist van der Poel mit Fabian Cancellara und acht weiteren Fahrern gleichgezogen. Nur die belgischen Rekordsieger Roger de Vlaeminck und Tom Boonen bleiben mit jeweils vier ersten Plätzen (noch) unangetastet.

Mit dem Triple hat van der Poel ein grosses Ziel erreicht. «Das bedeutet mir eine Menge. Es ist so ein schweres Rennen. Ich habe wirklich gelitten. Schade, dass Tadej den Fehler in der Kurve gemacht hat», konstatierte der erschöpfte, aber überglückliche Sieger nach der langen Tortur.

Bissegger stark, Küng im Pech

Die Frage nach der gelungenen Revanche für die Flandern-Rundfahrt beantwortete van der Poel mit einem grossen Kompliment an seinen Rivalen. «Wir wissen alle, was für ein unglaublicher Champion Tadej ist. Was er bei seiner Roubaix-Teilnahme gemacht hat, überrascht mich einerseits nicht, andererseits ist es auch nicht normal. Er hat ein ganz besonderes Talent.» Einmal mehr überliessen die beiden Superstars der Szene dem Rest nur die Brosamen. In diesem Fall war es immerhin ein kleiner Pflasterstein für den Drittplatzierten. Diesen sicherte sich der Däne Mads Pedersen, der sich im Sprint gegen die Belgier Wout van Aert und Florian Vermeersch behauptete. Sie hatten 21 Kilometer vor dem Ziel Stefan Bissegger abgeschüttelt, der als bester Schweizer Siebter wurde.

Für den Thurgauer war es die erste Top-10-Platzierung in einem grossen Klassiker, nachdem er zuletzt immer mal wieder vom Pech verfolgt war. Insbesondere Paris–Roubaix brachte ihm bislang wenig Glück. Einmal brach er sich die Hand, ein andermal erlitt er im dümmsten Moment einen Platten.

Nach den Rängen 62, 21 und 26 ist es Bissegger nun gelungen, seine starke Form auszuspielen. Er gehörte noch 68 Kilometer vor Schluss einem illustren Quintett mit den beiden Topfavoriten an und fand später in einer kleineren Verfolgergruppe Unterschlupf. Zum angestrebten Podestplatz fehlten dem 26-jährigen Zeitfahr-Spezialisten letztlich gut eineinhalb Minuten.

Stefan Küng, nach seinen Rängen 3, 5 und 5 in den letzten drei Ausgaben der vermeintlich grösste Schweizer Trumpf, erwischte nicht den besten Tag. Er war schon früh damit beschäftigt, der Spitze hinterherzufahren. Nach einer Reifenpanne fiel Küng 58 Kilometer vor dem Ziel aus der Verfolgergruppe, später verzeichnete er auch noch einen Sturz. Das Ziel erreichte er als 43. und damit noch hinter seinem Schweizer Teamkollegen Johan Jacobs, der 21. wurde.