Die Formel 1 boomt – und verspricht wieder Spannung
Es stimmt derzeit sehr viel in der Formel 1. Das gilt sowohl für die sportliche als auch die kommerzielle Seite. Die letzte Saison vor der neuerlichen Reglementsreform, die unter anderem der Nachhaltigkeit Rechnung trägt, soll das nächste Kapitel einer Erfolgsgeschichte werden, die im Herbst vor acht Jahren mit dem Besitzerwechsel ihren Anfang genommen hat.
Nicht nur der Übernahmepreis von acht Milliarden Dollar, den die amerikanische Firma Liberty Media an das in Luxemburg ansässige Unternehmen CVC Capital Partners insgesamt überwies, sorgte damals für Aufsehen. Auch die Vorstellungen der neuen Eigner über die Formel 1 der Zukunft, aus dem wankenden Riesen wieder ein florierendes Unternehmen mit globaler Strahlkraft zu machen, liess aufhorchen.
Erneute Rekordwerte
Selbst die allergrössten Skeptiker haben längst Gewissheit, dass die Macher aus den USA nicht zu viel versprochen haben. Die jüngste Erfolgsmeldung kommt einer weiteren Bestätigung gleich, dass die von ihnen vorgegebene Richtung stimmt. Die Verantwortlichen ha-ben vor wenigen Tagen die Geschäftszahlen fürs vergangene Jahr veröffentlicht – und erneut Rekordwerte vermelden können. Der Umsatz von 3,4 Milliarden Dollar stellt ebenso ein Bestergebnis dar wie der Gewinn von knapp einer halben Milliarde. Zum Vergleich: In der letzten Saison vor der Machtübernahme durch Liberty Media hatte die Formel 1 ein Plus von 47 Millionen Dollar ausgewiesen. Grösserer Gewinn bedeutet auch mehr Geld für die Teams. Insgesamt werden diesmal 1,266 Milliarden Dollar an die zehn Equipen ausgeschüttet.
Aus sportlicher Sicht steht die Hoffnung auf eine ähnlich ausgeglichene Weltmeisterschaft, wie sie sich in der zweiten Hälfte der vergangenen Saison entwickelt hat. Aus dem sich abzeichnenden neuerlichen Alleingang von Max Verstappen im Red Bull wurde damals ein Kampf mit vier involvierten Teams. Möglich gemacht hat die Kehrtwende das wegen der Coronapandemie mit einem Jahr Verzögerung eingeführte, nun in der vierten Saison gültige Reglement, das unter anderem auf eben diese Ausgeglichenheit gezielt hat. Die Zahl der Befürworter für die Beibehaltung der gegenwärtigen technischen Vorgaben ist in den vergangenen Monaten selbstredend gewachsen.
Der Hinweis, das ab kommender Saison gültige Regelwerk biete keine Gewähr für den Fortbestand der gegenwärtigen Machtverhältnisse und berge die Gefahr der Rückkehr von Monotonie, ist nicht von der Hand zu weisen. Aller-dings haben die Zuständigen nicht ganz frei von öffentlichem Druck gehandelt. Mit den neuen Vorschriften schaffen sie die Basis für den nächsten Schritt der Formel 1 in eine «grüne» Zukunft.
Sie sichern derart der First Class des Automobilsports die Vorreiterrolle im Entwicklungsbereich, dessen Erkenntnisse sich auch die Hersteller von zivilen Fahrzeugen zunutze machen können. Die steigende Zahl von Autokonzernen mit Bezug zur Formel 1 erhöht sich im kommenden Jahr weiter. Audi als neuer Taktgeber beim Sauber-Team und der Einstieg von General Motors mit der Marke Cadillac stehen sinnbildlich für die Richtigkeit der Neuausrichtung in der Formel 1.
Noch gibt es nur Tendenzen
Vor der Neuausrichtung steht noch eine Weltmeisterschaft, für die wie gewohnt zu diesem Zeitpunkt lediglich Tendenzen auszumachen sind. Die drei Testtage in der vorletzten Woche auf dem Rundkurs in Sakhir in Bahrain haben noch viele Fragen im Raum stehen las-sen. Weil die von den Technikern gesammelten Daten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, dienen vor allem gefahrene Rundenzeiten als Anhaltspunkte.
Den besten Eindruck soll das Team McLaren hinterlassen haben. «Hochrechnungen» sollen zutage gefördert haben, dass die Fahrer Lando Norris und Oscar Piastri in den orangen Autos die neue Saison mit einem zeitlichen Vorteil von rund zwei Zehntelsekunden gegenüber der direkten Konkurrenz in Angriff nehmen können.
Als Nächstbeste in der Hierarchie werden die Equipen Red Bull mit dem vierfachen Weltmeister und Titelverteidiger Max Verstappen, Ferrari mit nunmehr dem siebenfachen Champion Lewis Hamilton am Steuer des einen Autos und Mercedes eingestuft. Erwartet wird, dass sich die Vorteile innerhalb dieses Quartetts von Rennwochenende zu Rennwochenende verschieben werden.
Ganz am Ende der Skala ist auch nach der doppelten Fahrer-Rochade von Valtteri Bottas und Zhou Guanyu zu Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto das Team Sauber gelistet. In Hinwil sind sie gleichwohl zuversichtlich, dass es diesmal mehr werden wird als der letzte Platz in der Rangliste der Konstrukteure.
Der Grand Prix von Australien in Melbourne markiert an diesem Sonntag den Beginn einer Weltmeisterschaft, in deren Kalender wie im vergangenen Jahr 24 Grands Prix aufgeführt sind. 24 Wochenenden, an denen bestätigt werden soll, dass in der Formel 1 derzeit sehr vieles stimmt.
Die Formel 1 ist wieder eine Erfolgsgeschichte. Vor dem WM-Start am Sonntag in Australien ist die Hoffnung auf Ausgewogenheit gross.