Letzte Ruhestätte Wallfahrtsort
Einige Male wurde bereits Asche anonym ausgestreut. Der Stiftungsrat weiss da-rum. Deshalb haben sie nun die Möglichkeit geschaffen, dass dies auch offiziell geschehen kann, wie Abt Emmanuel Rutz im Gespräch erzählt. Der Abt vom Kloster St.Otmarsberg ist auch Wallfahrtspriester auf Maria Bildstein in Benken. «Obschon ich eher selten hier bin.» Einige seiner Mitbrüder seien viel mehr hier oben. Denn es wird fünfmal pro Woche eine Heilige Messe gefeiert, die von den Missionsbenediktinern vom St.Otmarsberg zelebriert werden.
«Christliche Bestattungskultur»
Am Anfang des neuen Angebots stand eine Anfrage aus dem Kanton Glarus. «Ein Mann fragte mich, ob er eine Urnenbeisetzung haben könne auf Maria Bildstein. Ich sagte ihm, dass das nicht möglich sei», erzählt Abt Emmanuel. Aber: Das Telefonat liess ihm keine Ruhe, er dachte lange darüber nach und kam zum Schluss, warum eigentlich nicht. Vielleicht wäre das etwas für Maria Bildstein. Abt Emmanuel legte die Idee dem Präsidenten des Stiftungsrats, Dölf Widmer, vor. Und dieser habe sich offen gezeigt. «Der Impuls für die neue Ruhestätte war eine externe Anfrage von diesem Mann, der keine inoffizielle Sache machen wollte.» Und zu diesen «inoffiziellen Sachen» kann Abt Emmanuel einige Geschichten erzählen. Es sei ja immer heimlich gemacht worden. «Aber es hat so abstruse Dimensionen angenommen, dass in einem Fall die Asche einfach hier oben ausgeleert wurde und liegen blieb.» Er habe dann am nächsten Tag ein «Grab» gemacht, es gesegnet und die Asche beigesetzt. Das sei der eigentliche Grund, warum dieses Angebot auf Maria Bildstein geschaffen werde. «Wir sind ein christlicher, ein katholischer Wallfahrtsort. Wir legen nach wie vor Wert auf eine christliche Bestattungskultur. »
Weihrauch, Segnung, Gebet
Aber die Gesellschaft hat sich verändert, heute bestehen andere Bedürfnisse in der Bestattungskultur. «Es ist uns ein Anliegen, diese Bedürfnisse aufzunehmen, den Veränderungen Hand zu bieten, aber zugleich eine christliche Dimension hineinzubringen. Die Würde der sterblichen Überreste soll gewahrt bleiben.» Auf Maria Bildstein gibt es laut Abt Emmanuel einige Trauergottesdienste im Jahr. Hierfür gibt es ganz verschiedene Formen. Vom einfachen Ritus, bei dem die christlichen Rituale einer Beisetzung durchgeführt werden. «Das ist Weihrauch, Segnung, Gebet.» Das könne im kleinen oder im grossen Rahmen passieren bis hin zu einer Abdankungsfeier oder einem Requiem mit Eucharistiefeier. Als Nutzende des Angebots sieht Abt Emmanuel beispielsweise Menschen, die mit keinem Ort wirklich verbunden sind. Derzeit gebe es Besprechungen mit Hinterbliebenen einer Person, bei der dies zutreffe. «Die Person hat eine Verbundenheit mit Maria Bildstein. Da habe ich gesagt, das wäre doch eine Möglichkeit.» Er sei nun gespannt, was für Anfragen kommen, wenn das Angebot publik werde.
Nicht nur für Katholiken
Die Waldbestattung ist ökumenisch of-fen, es ist nicht nur für Katholikinnen und Katholiken vorgesehen, sondern generell für christliche Beisetzungen. «Es ist so festgehalten, dass die Beerdigung auch von Externen gehalten werden kann», erläutert der 52-jährige Abt Emmanuel, der 2000 in die Ordensgemeinschaft eingetreten ist. Das heisst, es könnten auch ein evangelischer Pastor oder ein Alt-Katholik die Feiern halten. «Es müssen einfach von den christ-lichen Kirchen Beauftragte sein. Diese Dimension ist uns wichtig.» Waren denn die inoffiziellen Ascheablegungen fast schon so etwas wie Verzweiflungstaten? Abt Emmanuel glaubt das nicht. «Ich denke eher, es ist Ausdruck davon, dass Maria Bildstein den Leuten etwas bedeutet.» Und weil es ein öffentlicher Ort ist, sei wohl vielen nicht bewusst, dass er in Privatbesitz der Stiftung ist. Dass der Ort zugänglich ist, ist richtig, und die Leute seien willkommen. «Aber das tiefste Anliegen von einer Ruhestätte auf Maria Bildstein ist es, dass wir die christlichen Grundwerte und Rituale nicht ganz vergessen.»
Veränderter Gesellschaft öffnen
Viele dürften erstaunt sein über das neue Angebot, Maria Bildstein wird in der Öffentlichkeit doch eher als streng katholisch wahrgenommen, nicht? «Also wir auf dem St.Otmarsberg sind in der guten Mitte», sagts und lacht lauthals. «Es ist mir enorm wichtig, das zu betonen, das ist benediktinische Spiritualität, dass man das massvoll macht», sagt der Abt. Wenn er auf das Projekt schaue, dann habe man eine massvolle Lösung geschaffen. «Wir öffnen uns der veränderten Gesellschaft, aber wir bewahren einige Punkte bei, die uns wichtig sind vom christlichen Glauben her.» So die Rituale des Abschiednehmen- Könnens, einen Ort zu haben, wo man weiss, hier ist das Grab, auch wenn es nicht gekennzeichnet ist.
«Uns vom Stiftungsrat, aber auch vom St.Otmarsberg her ist es wichtig, dass wir hier oben vielen Leuten Raum geben». Maria Bildstein sei ein marianischer, aber auch ein eucharistischer Ort, hier kämen die entsprechenden Menschen, erläutert Abt Emmanuel. «Aber das schliesst andere Bedürfnisse nicht aus. Maria Bildstein ist auch ein Ort der individuellen Spiritualität.» Zudem ist er auch ein Ort der simplen persönlichen Erholung, die aber mit christlichen Ritualen, etwa Kerzen anzünden, verbunden werden. Aber er hält auch fest, dass insbesondere die Anzahl der Pilgergruppen, die für Maria Bildstein entscheidend seien, wieder ansteige. «In diesem Jahr waren bereits 30 Gruppen hier.» Dass klassische Bestattungen generell abnehmen, kann Emmanuel Rutz so nicht bestätigen. Zwar habe Corona sicher zu einem Knick geführt. «Aber die Leute möchten auch heute immer noch Abschied nehmen und dafür auch einen Ort haben.» Und im Theologiestudium habe er zudem gelernt, dass die Angehörigen auch ein Recht haben, öffentlich Abschied zu nehmen. «Das scheint mir sehr wichtig zu sein.» So gibt es seit der Einsegnung des neuen Priestergrabs am 2.November also die Möglichkeit der Waldbestattung auf Maria Bildstein. Die Gräber werden nicht an der Ruhestätte gekennzeichnet, sondern es kann beim neugestalteten Priestergrab ein Täfelchen angebracht werden. Die neue Waldruhestätte wurde ebenfalls am 2.November nach einem Gottesdienst eingesegnet. Seitdem das Angebot vor zwei Monaten publiziert wurde, sind beim Abt zwei Anfragen eingegangen. «Mit ihnen bin ich in Kontakt.» Die Frage, was er selber vom Angebot halte, beantwortet Abt Emmanuel mit einem Lachen. «Ich habe es ja initiiert, ich finde es gut.» Dass er sich allerdings dereinst auf Maria Bildstein beerdigen lasse, ist für ihn schlicht undenkbar. «Ich bin ein Mönch vom St.Otmarsberg. Es ist ganz klar, dass ich dort oben meine letzte Ruhestätte haben werde.»
Auch missionarische Komponente
Dass man mit dem Angebot explizit auch Leute erreichen wolle, die sich vielleicht etwas verabschiedet haben von der Kirche, ist sicher ein Punkt. Ja, es habe eine missionarische Komponente. «Missionar sein ist ein weiter Aspekt. Es beginnt im Gebet für andere und hört vielleicht beim Abschiednehmen auf. Dass wir sagen, es gibt eine Würde des Menschseins, die von christ-lichen Werten begleitet ist. Ja, das Angebot hat sicher auch eine missionarische Dimension.» Das ist ihm wichtig zu betonen. Das öffentliche Bild von Maria Bildstein sei klar. «Wir sind ein katholischer Ort, aber wir sind auch missionarisch. » Der Abt räumt aber unumwunden ein, dass es auch weltliche Gründe gibt für das neue Angebot. Es gibt finanziellen Druck. Maria Bildstein sei nicht auf Rosen gebettet.
Es gebe Aufforderung von der Öffentlichkeit, auch innovativ zu sein. Man könne quasi nicht immer auf Spenden angewiesen sein, sondern solle auch etwas machen. «Und dazu sind wir vom Stiftungsrat her auch bereit.» Aber es gebe auch Grenzen. «Wir können ja nicht weiss ich was hinstellen hier oben.» Doch nun soll erst einmal das neue Angebot starten, durch das man ebenfalls auf eine Einnahmequelle hofft. Die Gebühr für die Bestattung mit anschliessender Reservation der Ruhestätte während 20 Jahren beträgt 2500 Franken. Das soll auch das heute schon «sehr, sehr schlanke Budget» von rund 250000 Franken für einen 365-Tage-Betrieb entlasten, betont Abt Emmanuel.
Und bereits kommt ein weiterer Brocken auf Maria Bildstein zu, denn bald steht auch die Sanierung der Wallfahrtskirche an (siehe Infobox).
Es ist schon lange ein Bedürfnis – die Verantwortlichen haben es nun möglich gemacht. Nach eingehender Prüfung von Kanton und Gemeinde werden auf Maria Bildstein neu offiziell Aschenbeisetzungen durchgeführt. Nicht nur für Katholiken.
«Die Würde der sterblichen Überreste soll jedoch gewahrt bleiben.»
Abt Emmanuel Rutz
Wallfahrtspriester Maria Bildstein