Fernsehbauer bringt Hinterwäldler in die March
Gaby, Gritli, Valencia …», ruft Werner Bürki seinen Kühen und Rindern auf der Weide liebevoll zu. Vor knapp einem Jahr hat der gebürtige Berner Landwirt seine Herde in die March gezügelt. Viele Jahre hat der 74-Jährige im Entlebuch, in Graubünden, im Kanton Zürich und zuletzt in Gampel im Kanton Wallis verbracht. Er ist also ein weit gereister Bauer. Seit 1985 hält er Tiere der Viehrasse Hinterwäldler. Nun hat er im Stall von Walter Schuler an der Eisenburgstrasse in Schübelbach eine weitere Heimat gefunden.
Kleinste europäische Viehrasse
Das Hinterwäldlervieh ist eine besondere Rasse. Es gilt als das kleinste europäische Rindvieh. Die Kühe auf der Weide reichen Bürki etwa zur Brust, sie sind am Widerrist gut 20 bis 30 Zentimeter kleiner als zum Beispiel Braunvieh oder Simmentalerfleckvieh. Von Letzteren sind die Hinterwäldler die Vorfahren. Sie kommen vom Südschwarzwald und wurden eine Zeit lang in der Schweiz von der Organisation «ProSpecieRara» gefördert. In den 90er-Jahren lebten bis zu 1600 Tiere dieser Rasse in der Schweiz. Heute sei-en es noch etwa die Hälfte, sagt Werner Bürki.
Er nennt momentan vier Kühe, vier Rinder und vier Kälber sein Eigen. Manchmal handelt Bürki und kauft oder verkauft ein oder mehrere Tiere. Wenn die Viehpreise gut sind, lässt er seine Kühe mit original Hinterwälder Stieren besamen. Sind die Preise tief, wählt er eine Mastrasse und mästet dann die Mischlingskälber.
Die Hinterwäldlerkühe sind relativ genügsam, bergtauglich und trittsicher. So hielt Bürki diese Rasse schon auf 1200 Meter im Entlebuch und verschiedenen anderen Steillagen. Er gibt seine Kühe im Sommer z’ Alp im Kanton Uri. Von der Alp Gorneren bei Gurtnellen hat er Anrecht auf Dutzende Kilo Alpkäse. Diesen verkauft er nun in Schübelbach an der Kantonsstrasse 3 entweder direkt oder via den Gemüsestand an der Strasse.
Arbeitstherapie statt Gasthaus
Genauso besonders wie die Rinderrasse, die er hält, ist Werner Bürki selber. Ein relativ kleiner Körperbau und ein Schalk zeichnen ihn aus. Über dem Bart lugt eine selber gedrehte Zigarette oder eine Krumme aus dem Mund hervor. Beim Sprechen findet er freundliche Worte. Dass er in gewissen Fällen eine dezidiert eigene Meinung hat, tönt er nur an. Der Landwirt wurde früh geschieden und fand trotz mehrerer Beziehungen nachher nie mehr das grosse Glück. Er lebt allein, übernachtete anfangs in Schübelbach sogar im Tenn des Stalles und logiert jetzt in einem alten Haus an der Kantonsstrasse.
Bürki nennt das, was er jetzt macht, Arbeitstherapie. «Andere verweilen in den Gaststuben, ich halte ein paar Kühe», gibt er sich frohgemut. Direktzahlungen erhält er keine mehr, denn Landwirte im Pensionsalter sind davon ausgeschlossen. Er lebt von der AHV, vom Käse- und Tierverkauf.
Sein langjähriges Hobby ist das Sammeln von Glocken. Er hat im Laufe der Jahre Dutzende Trychlen und Glocken erworben und geschenkt bekommen, die jetzt in seiner Wohnung darauf warten, entstaubt und an den Riemen geölt zu werden. Seine liebste hat er 1987 an der Luga, einer Messe in Luzern, erworben.
Als Hinterwäldler werden nicht nur Menschen ohne Verständnis bezeichnet, sondern auch eine Viehrasse. Es sind kleine, genügsame Tiere, die Landwirt Werner Bürki nach Schübelbach gebracht hat.