Threema wehrt sich gegen das Ausspähen
Der Pfäffiker Messengerdienst Threema wendet sich mit anderen europäischen KMU an die Minister der EU. Diese sollen den Datenschutz hochhalten und sich dem Standpunkt des EU-Parlaments angleichen.
Es gelte, die falsche Zweiteilung zwischen Privatsphäre und Sicherheit zu überwinden, schreiben die Pfäffiker Firma Threema und 20 mitunterzeichnende Firmen aus ganz Europa. Im offenen Brief geht es um Datenschutz und Schutz von Kindern bei der Kommunikation via Internet. Er ist gerichtet an Innen-, Justiz- und Wirtschaftsminister der Europäischen Gemeinschaft (EU).
Zu reden gibt vor allem der Vorschlag für eine Verordnung über sexuellen Kindesmissbrauch (CSA). Diese Verordnung sehe vor, dass in der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messenger-Diensten eine «Hintertür» eingebaut werde, durch welche Nutzer gescannt werden können, heisst es im offenen Brief. Dieses «kundenseitige Scannen» sei jedoch gemäss Europäischem Datenschutzbeauftragten und weiteren Diensten «nicht mit dem Ziel einer vertraulichen und sicheren Kommunikation vereinbar».
Unternehmen aus ganz Europa
Darüber hinaus verschaffe der Datenschutz den europäischen Unternehmen einen starken internationalen Wettbewerbsvorteil. Endlich gebe es Alternativen zu den amerikanischen und chinesischen Diensten. Die Anpassung des Verwaltungsaufwandes an die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung sei hoch gewesen, aber er habe sich gelohnt, schreiben die 21 Unternehmen. Zu ihnen gehören neben Threema auch die Schweizer Unternehmen Proton aus dem Kanton Genf, welches ein Dienstleister ist für Ende-zu-Ende verschlüsselte E-Mail und der Cloud-Anbieter Tresorit mit Niederlassung in der Schweiz. Sowie Firmen, die sich auf dem Markt einen Platz erwirtschaftet haben in den Bereichen Messenger, E-Mail, Cloud, Soft- und Hardware aus Frankreich, Deutschland, Grossbritannien und weiteren europäischen Ländern.
Das obligatorische Scannen oder die obligatorische Altersüberprüfung könne sowohl grossen als auch kleinen Unternehmen schaden, heisst es weiter. «Denn das Scannen würde einen Verwaltungsapparat mit sich bringen, von dem wir befürchten, dass er unsere Unternehmen und die Straf-verfolgungsbehörden überfordern würde», schreiben die Unternehmen. Die eingesetzte Scan-Technologie würde, angesichts der immensen Datenmengen, schon bei einer kleinen Fehlerquote massenweise Falschmeldungen erzeugen, die manuell geprüft werden müssten.
Gesamtüberwachung keine Option
Eine Alternative zur CSA-Verordnung, die auf dem Tisch liegt, ist der Gegenvorschlag des EU-Parlaments. «Für uns steht fest, dass eine umfassende Überwachung aller Nachrichten keine Option ist. Selbst Kinderschutz-Organisationen wie der deutsche Kinderschutzbund lehnen die Chat-Kontrolle ab», schreibt Julia Weiss, Pressesprecherin von Threema auf Anfrage. Der Kinderschutzbund präsentiert auf seiner Webseite eine 18-seitige differenzierte Stellungnahme zur Chat-Kontrolle. Es gelte, laut Threema, die Positionen der einzelnen Landesregierungen denjenigen des EU-Parlaments anzugleichen. Ein solcher Paradigmenwechsel vom Massen-Scan zum minimalen Verlust von Datenschutz würde die falsche Zweiteilung zwischen Privatsphäre und Sicherheit überwinden. Die Pläne der EU-Kommission sind klar: Sie will die Kommunikation im Internet (inklusive Dienste wie Threema) im Kampf gegen Kindesmissbrauch durchleuchten. Die Initianten des offenen Briefes hoffen, dies abzuwenden.
«Für uns steht fest, dass eine umfassende Überwachung aller Nachrichten keine Option ist.»
Julia Weiss
Pressesprecherin Threema GmbH