Kopfschütteln im Regen von Arosa
Alex Fiva steht einfach nur da. Im Regen von Arosa. Schüttelt den Kopf. Streckt irgendwann die Stöcke Richtung Himmel. Ein lauter Seufzer. Es ist ein Bild, das sich einprägt. Ein Bild, das so gut zum Auftritt der Schweizer Skicrosser beim Heimweltcup in Arosa passt. Kopfschütteln im Regen.
Wenige Minuten nach seinem Viertelfinalaus steht Fiva in der Interview-zone. Der Regen ist eher noch stärker geworden. Und Fivas Unglauben über sich selbst geblieben. «Mehr Fehler kannst du in einem Heat eigentlich nicht machen. Es war, als hätte ich vergessen, wie ich Ski fahren muss.» Was ist passiert? Der Bündner kommt in seinem Heat schlecht aus dem Starthaus. Landet später im weichen Schnee neben der Strecke. Bleibt am Ende chancenlos. Wenigstens zeigt er Galgenhumor: «Wahrscheinlich habe ich während der Fahrt noch am Start rumstudiert. Dass ich auch noch Gas geben sollte, kam mir dann zu spät in den Sinn.»
Das Manko beim Start
37-jährig ist Fiva. Er gewann 2021 WM-Gold, holte Olympiasilber. In Arosa stand er schon vier Mal auf dem Podest. Fiva lacht, wenn er jeweils auf diese Ausbeute angesprochen wird. Weil Arosa so etwas wie eine Hassliebe ist für ihn. Der Parpaner gilt nicht als schnellster Starter – ein gewichtiger Nachteil auf dem ungewohnt kurzen Sprintkurs im Schanfigg. Am Montag, beim offiziellen Pressetermin, sag-te Fiva: «Mit dem Alter wird es nicht einfacher.» Es sollte so etwas wie eine Prophezeiung sein. Denn der Start wird ihm am Dienstag tatsächlich zum Verhängnis. In der ersten K.-o.-Runde kann er sein Manko im Startgate mit einer aggressiven und cleveren Taktik im Lauf wettmachen. Im Viertelfinal ist der Rückstand dann zu gross. «Ich habe in jedem Heat etwas anderes probiert. Aber es ging immer schief», so Fiva, der am vergangenen Freitag beim Weltcupauftakt in Val Thorens sein Comeback nach einem Kreuzbandriss gegeben hatte. Fiva sagt, er fühle sich wieder 100 Prozent fit. Und doch: Bei nass-warmen Verhältnissen wie in Arosa fehlt es wohl noch etwas am letzten Vertrauen in sein Knie. «Es war in jeder Kurve eine Überraschung, welche Schläge kommen.» Mit dem weichen Schnee am besten zurecht kamen die Schmidt-Geschwister aus Kanada. Jared Schmidt feierte den zweiten Weltcupsieg in Folge, Hannah Schmidt feierte ihre Premiere auf dem obersten Treppchen.
Gantenbein erneut in Top 10
Mit Rang 13 ist Fiva immerhin bester Schweizer. Für alle anderen Swiss-Ski-Athleten ist schon vor den Viertelfinals Schluss. Eine Enttäuschung für die erfolgsverwöhnte Skicross-Nation. In den vergangenen Jahren stand beim Heimweltcup stets mindestens eine Schweizerin oder ein Schweizer im Final. 2020, als in Arosa pro Geschlecht zwei Wettkämpfe auf dem Programm standen, gab es gleich sechs Podestplätze.
Der einzige Schweizer Lichtblick ist Talina Gantenbein. Die Engadinerin fährt im kleinen Finale auf Rang 6, reiht sich damit direkt hinter der langjährigen Skicross-Dominatorin Sandra Näslund ein. Und vor der Teamkollegin Fanny Smith, die sich mit Rang 13 zufriedengeben musste. Vollends zufrieden war Gantenbein aber nicht. Im Gegenteil. «Solide» sei ihre Leistung gewesen, «ich habe mir aber mehr erhofft.» Immerhin: Gantenbein schafft es bei ihrem Heimrennen zum fünften Mal in Folge mindestens bis in die Halbfinals. Nach dem 6.Platz im zweiten Rennen von Val Thorens am Samstag bestätigt sie, dass im weiteren Saisonverlauf mit ihr zu rechnen ist.
Für die Skicrosser geht es kurz vor Weihnachten in Innichen weiter. Und Fiva: Der hat heute Mittwoch Kinderhütedienst. Wohl die beste «Ablenkung » nach dem schwierigen Heimauftritt.
Die Schweizer Skicrosser müssen beim Heimweltcup in Arosa eine Schlappe hinnehmen. Die Bündnerin Talina Gantenbein ist die einzige Athletin, die es in die Halbfinals schafft. Bei den Männern ist schon in den Viertelfinals Schluss.
«Mehr Fehler kannst du in einem Heat eigentlich gar nicht machen.»
Alex Fiva
Skicross-Nationalmannschaft