Covid 19 im Jahr 2023: Heute noch da – morgen auch
«So schützen wir uns»: Covid-Plakate begleiteten unser Leben Jahre lang. Archivbild Keystone
Ausserschwyz, Erste Seite
19. July 2023

Covid 19 im Jahr 2023: Heute noch da – morgen auch

Als die Pandemie 2020 auch über unser Land schwappte, herrschte Fassungslosigkeit. Das Unvorstellbare war passiert. Ein Virus tötete Millionen und lange Zeit konnte keiner etwas dagegen unternehmen. Unsere westliche Welt des Fortschritts: Sie war paralysiert. Stand still. Hörte sich selbst atmen. Und husten. Heute sind die Bilder von damals weitgehend verdrängt: die Leichen in den Militärtransportern in Italien, die überfüllten Intensivstationen, das ganze Leiden überall. Dann kam die Impfung. Sie war Schutz, Hoffnung, Politikum. Impfempfehlungen seitens des BAG gibt es zurzeit keine. Aber das Virus ist nicht weg. Klar: Es ist weitgehend aus dem Alltag verschwunden, dem Restaurant, dem Flugzeug. Aber nicht aus der Zukunft. Das Stichwort lautet Post-Covid-19-Erkrankung. Long Covid ist mehr als ein Elefant im Raum.

Menschen, die unter der Krankheit leiden, finden häufig kaum Gehör. Sie ist unfassbar und das im wahrsten Sinne des Wortes. Über 200 Symptome werden im Zusammenhang mit Long Covid genannt – bis jetzt. Auf Platz eins rangieren Erschöpfung und Müdigkeit. Menschen mit schweren Verläufen erinnern an wandelnde Tote. Sie liegen im Bett, jedes Aufstehen ein Kraftakt. Ausserdem sind da Kopfschmerzen, Aufmerksamkeitsstörungen, Atembeschwerden. Die Liste geht weiter. Eben: Da sind noch an die 200 weitere Erinnerungen an die Jahre des Virus.

Das, was uns die letzten Jahre massgeblich beschäftigt hat: Es ist nahezu vergessen. Doch Corona ist kein Spuk von gestern. Es gibt noch immer Unsicherheiten. Aber auch tragische Gewissheiten.

Juli 2020: Der Bundesrat trifft Massnahmen, um eine erneute Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Am 6. Juli wird für den öffentlichen Verkehr schweizweit eine Maskenpflicht eingeführt. Zudem müssen sich Einreisende aus gewissen Gebieten in Quarantäne begeben. Juli 2021: Weiterhin gel-ten Massnahmen. Im August wird der Bundesrat beschliessen, diese aufrechtzuerhalten. Die Rückkehr zur Normalität: abhängig von einer massiven Erhöhung der Anzahl Personen, die sich impfen lassen. Juli 2022: Seit 1.April ist die besondere Lage aufgehoben. Es sind keine Covid-Massnahmen mehr in Kraft. Bis heute. Die Zahlen aktuell: verschwindend klein. Im Zeitraum vom 3. bis zum 16. Juli gab es in der Schweiz 279 laborbestätigte Fälle. Im Kanton Schwyz sind es drei und damit 1,83 auf 100 000 Einwohner.

Kaum noch Nachfrage

Das Thema scheint vergessen. Die Impfzentren: geschlossen per 31. Januar diesen Jahres. Der Kanton Schwyz schrieb: «Auch nach der Schliessung der Impfzentren stehen im Kanton Schwyz genügend Impfkapazitäten zur Verfügung» und verwies auf verschiedene Hausarztpraxen und Apotheken. Anrufe bei eben jenen in der Region ergeben zweierlei: Die aktuelle Nachfrage bezüglich Coronaimpfungen geht gegen Null. Und: Weil Übersichten zu impfenden Arztpraxen und Apotheken nicht zwangsläufig aktuell sind, empfiehlt sich ein Anruf, bevor man sich auf den Weg zum Stich macht. Oft sei die Impfung in den Praxen und Apotheken gar kein Thema mehr, heisst es von dort. Manchenorts wird die Impfung zwar prinzipiell noch angeboten, aber Impfdosen werden nicht mehr bestellt. Das Problem: die Haltbarkeit. Es rentiere nicht, we-gen einer Impfung ganze Pakete zu bestellen. Oft müsse man den Rest entsorgen.

Keine Empfehlung mehr

Im Merkblatt «Informationen zur Covid-19-Impfung» vom April werden für den Frühling und Sommer 2023 keine Covid-19-Impfungen mehr empfohlen. «Fast alle Personen in der Schweiz sind geimpft und/oder haben Covid-19 durchgemacht. Ihr Immunsystem hat sich entsprechend mit dem Coronavirus auseinandergesetzt. Die aktuellen Varianten verursachen zudem eher milde Krankheitsverläufe», so die Begründung des BAG. Wobei: Für den Herbst werde die Impfempfehlung wieder evaluiert und entsprechend angepasst.

Auch besonders gefährdete Personen werden aktuell nicht auf die Notwendigkeit einer Impfung hingewiesen. «Sie können aber nach individueller Abklärung mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt eine Impfung erhalten.» Betreffend Impfstoff schreibt das BAG, man solle sich bevorzugt mit einem varianten-angepassten (bivalenten) mRNA-Impfstoff oder mit dem Proteinimpfstoff von Novavax impfen. Dabei spiele es keine Rolle, mit welchem Vakzin die bisherigen Impfungen gemacht wurden. Wichtig: Eine vom Arzt empfohlene Impfung wird von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen.

Es war einmal das Zertifikat

Und wie ist das jetzt mit dem einst heiss begehrten Zertifikat? Die entsprechende Pflicht wurde bereits im Februar 2022 aufgehoben. Allerdings kann der Bescheid weiterhin für Reisen ins Ausland zum Einsatz kommen, je nach Land. Betreffend Einreise gibt es zurzeit keine Einreisebeschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie. Auf der Liste mit Staaten und Gebieten mit besorgniserregender Virusvariante finden sich aktuell keine Einträge.

Zweifelhaftes Andenken

Was bleibt, ist Long-Covid. Ein kompliziertes Thema in jeder Hinsicht: Zahlen, Diagnose, Massnahmen. Die Ausmasse des Problems: In der Schweiz sind 20 Prozent der infizierten Erwachsenen von Long Covid betroffen. Bei den Kindern sind es 3 Prozent, Stich-wort: Long Covid Kids. Geschätzt wird, dass insgesamt 3,5 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Für die Schweiz heisst das: über 300 000 Personen.

Über 200 Symptome werden mit Long Covid in Zusammenhang gebracht. Das Ranking: Erschöpfung und Müdigkeit sind mit knapp 60 Prozent der Betroffenen das Symptom Nummer eins. Es folgen Kopfschmerzen (44Prozent) und Aufmerksamkeitsstörungen (27 Prozent). Unter Geschmacksverlust leide fast ein Vier-tel aller Betroffenen. Auf Platz fünf der Symptome (24 Prozent) liegen die Atembeschwerden. Noch ist übrigens die Diagnose von Long Covid vorwiegend eine Ausschlussdiagnose, spezifische Tests gibt es nicht. Das führt nach wie vor zu Problemen mit der Anerkennung der Krankheit durch IV und Behörden. Mit Sicherheit ein Thema, das uns alle noch lange beschäftigen wird. Leider.

Corona ist aus den Köpfen vieler Menschen verschwunden. Leere Strassen, Beizen, Coiffeure? Verschwommene Erinnerungen an unwirkliche Zeiten. Überlegungen zum Status quo.