Standpunkt SZKB Mai
SZKB Standpunkt
Wird der US-Dollar verdrängt?
Thomas Rühl Chief Investment Officer Leiter Research
Preisstabilität ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Volkswirtschaft. Dies zeigt sich beispielsweise an den extremen Wertund Wechselkursschwankungen in Kryptowährungen. Kaum jemand will seine Alltagsgeschäfte diesen Risiken aussetzen, was die Etablierung einer Wirtschaft in Bitcoin und Konsorten bisher weitgehend verhindert hat.
Preisstabilität ist auch das Ziel der Zentralbanken, die derzeit die erhöhte Inflation bekämpfen müssen. Die Teuerung erweist sich als hartnäckiger als erwartet, letzte Woche haben die Fed und die EZB ihre Leitzinsen nochmals weiter erhöht.
Neben der Grösse der US-Wirtschaft ist Preisstabilität auch ein zentraler Grund, weshalb der US-Dollar weltweit als Reservewährung der Zentralbanken und als Recheneinheit im globalen Handel die dominante Rolle innehat. Bis heute ist der Dollar Basis der internationalen Geschäfte – sogar in Ländern, die den USA politisch nicht nahestehen. Die Handelspartner suchen Preisstabilität und vertrauen auf die US-Zentralbank.
Den zunehmend machtbewussten Schwellenländern ist dies ein Dorn im Auge: Westliche Sanktionen und Russlands Ausschluss vom SWIFTSystem haben ihnen die Macht der Leitwährung deutlich vor Augen geführt. Seit Neustem werden mehr chinesische Yuan als US-Dollars für internationale Geschäfte mit China eingesetzt. Saudi-Arabien liefert neuerdings Öl gegen Yuan nach China. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) beabsichtigen, für ihren Handel eine neue Währung zu schaffen. Ihre Zentralbanken haben den Aufbau von Goldreserven verstärkt, mit dem Ziel, die Abhängigkeit vom Westen zu reduzieren. Ist die Dominanz des Dollars damit am Ende? In den Medien macht derzeit der Begriff «De-Dollarisierung» die Runde. Wir halten eine Abkehr vom US-Dollar für höchst unwahrscheinlich und in jedem Fall eine sehr langwierige Angelegenheit: Bei 88% des weltweiten Währungswechsels ist der USD beteiligt, der Yuan kommt gerade mal auf 5%. Neue Währungen in wirtschaftlich unterschiedlichen Ländern zu etablieren ist herausfordernd, wie das Beispiel des Euros zeigt. Und ob China den Handelspartnern als Stabilitäts- Garant erscheint, kann man aus heutiger Sicht gerne bezweifeln.
Die «De-Dollarisierung» wurde bereits beim Aufstieg des Yen in den 1970ern und bei der Schaffung des Euro um die Jahrtausendwende angekündigt. Auch diesmal dürfte sie nicht geschehen. Die Segregation der Wirtschaftsräume und die ökonomische Macht Chinas nehmen jedoch weiter zu – und damit die zunehmende Verbreitung des Yuan.
Leitzinsen aktuell
(01.01.2015 bis 04.05.2023; in % / Quelle: Bloomberg, SZKB)
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