Simon Ehammer peilt an der Hallen-WM den Sieg an
Hallen-WM in Glasgow, Freiluft-EM in Rom, Olympische Spiele in Paris: Simon Ehammer steht vor einem halben Jahr mit gleich drei Grossanlässen und dem möglichen Coup von Medaillen an allen drei Events.
Die Auftritte zuletzt an den Schweizer Hallen-Meisterschaften in St. Gallen stehen womöglich symbolisch für das Jahr 2024. Der 24-jährige Appenzeller steigt nach drei Starts dreimal auf dem Podest. Das Gold im Weitsprung, das Silber im Hürdensprint und die Bronzene im Stabhochsprung zeigen nicht nur die gewaltigen Allrounder-Qualitäten des Mehrkämpfers. Hinter den Medaillen stecken Leistungen, die aufhorchen lassen.
Den Sieg im Weitsprung veredelt Ehammer mit einem 8-m-Flug. Im Final über 60 m Hürden fordert er den Europameister Jason Joseph bis zur Ziellinie und verbessert in 7,55 Sekunden die persönliche Bestleistung um über einen Zehntel. Und die 5,20 m im Stabhochsprung sind ein Wert, den jeder Mehrkämpfer weltweit gerne nehmen würde.
«In Glasgow will ich eine Medaille, am liebsten Gold», sagt Ehammer. Im Prinzip formuliert er so das Minimalziel. Denn wenn er am Samstag und Sonntag die sieben Disziplinen anständig hinkriegt, müssten Ken Mullings von den Bahamas, der Norweger Sander Skotheim oder der Franzose Makenson Gletty schon über sich hinauswachsen, um den Schweizer abzufangen.
Karl Wyler, einer von Ehammers Trainern und dessen steter Reisebegleiter bei Wettkämpfen, kommentiert auf der Tribüne in St. Gallen das Niveau seines Schützlings mit den Worten: «Wir starten ohne Hypothek in die Saison.» Der Coach nimmt nochmals Bezug auf die Schulter-Operation vom vergangenen Herbst. Der Eingriff wurde notwendig, weil die konservative Behandlung der entzündeten Sehne nicht das gewünschte Resultat erbracht hat.
Gedanken an die Schulter sind vergessen
Das Training wurde zwar nie vollständig unterbrochen, aber richtig Gas geben konnte Ehammer erst ab Weihnachten. «Jetzt muss Simon gar nicht mehr Rücksicht nehmen. Er hat reinen Tisch gemacht und kann beschwerdefrei trainieren», so Wyler. Und auch der Athlet selber bestätigt: «Ich verschwende keinen Gedanken mehr an die Schulter.»
In Glasgow tritt Ehammer als Mehrkämpfer an. Sofern er eine Disziplin nicht komplett verhaut oder gar ausscheidet, dürfte der Schweizer Rekord fallen. Denn der Appenzeller hat ein höheres Niveau als vor zwei Jahren, als er sich mit 6363 Punkten in Belgrad WM-Silber umhängen liess. Vielleicht liegt sogar ein Wert gegen 6500 Punkte drin. Dann wäre der Franzose Kevin Mayer den Europarekord (6479) aus dem Jahr 2017 los. «Da muss aber schon sehr viel zusammenpassen», meint Ehammer.
Drei Medaillen in einem Jahr, das hat der 24-Jährige schon einmal vorgemacht. 2022 gewann er an der Hallen-WM Silber im Siebenkampf, holte an den Weltmeisterschaften in Eugene bei den Weitsprung-Spezialisten Bronze und rundete den Sommer mit EM-Silber im Zehnkampf von München ab.
Vier Jahre Vorbereitung
2024 liegt dies auch drin: Zumindest zu Beginn ist die Hürde sogar tiefer als vor zwei Jahren. Ehammers Bestwert von 6363 Punkten haben die Konkurrenten von Glasgow in ihrer Karriere noch nie erreicht. Über die Gegnerschaft im Sommer zu spekulieren, das macht noch keinen Sinn. Aber dass ein gesunder Ehammer an der EM in Rom als Weitspringer zu den Medaillenkandidaten gehört, ist klar. Und an den Olympischen Spielen liegen in der Theorie sogar zwei Medaillen drin, da der Weitsprung der Spezialisten nach dem Zehnkampf angesetzt ist.
«Ich stehe nun vor einem halben Jahr, auf das ich seit 2020, als mir der Durchbruch gelang, hinarbeite. Mit 24 Jahren darf ich mir den Traum einer Olympia-Teilnahme nicht nur erfüllen, sondern sogar mit hohen Ambitionen an den Start gehen», blickt Ehammer voraus.